Randgruppenwitze

Randgruppenwitze gab es schon bei den alten Römern. Die römischen Bürger machten sich gerne in dummen Sprüchen, Graffiti und Komödien über Minderheiten in ihrer Gesellschaft lustig. Dazu gehörten Witze über Ausländer in Rom wie Griechen und Orientalen ebenso wie Witze über Wirte und Frauen, Sklaven und Diener. Natürlich sind das nicht unbedingt Randgruppen im engeren Sinne, aber sie wurden und werden häufig von der Mehrheit der Gesellschaft als solche aufgefasst. Daran hat sich bis heute wenig geändert, und Randgruppenwitze werden immer wieder gerne gerissen. Dabei sind solche Witze nicht selten in der Grauzone zwischen Geschmacklosigkeit und Beleidigung angesiedelt, zum Beispiel wenn Menschen mit Behinderung, einer anderen Hautfarbe oder Religion in Randgruppenwitzen verunglimpft werden. Man sollte daher bei solchen Witzen immer darauf achten, in welchem Kreis man sie zum Besten gibt und wie umschreibend oder direkt der Witz formuliert ist. Am harmlosesten sind Randgruppenwitze, wenn sie mit einem Augenzwinkern und Ironie zum Besten gegeben werden. Die Lacher hat der Witzemacher immer auf seiner Seite, wenn er selber zu der betroffenen Randgruppe gehört und sich über sich selber und seine Marotten lustig macht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Türke Türkenwitze, ein Italiener Witze über seine Landsleute oder ein Pole Polenwitze macht.


Randgruppenwitze
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Eine Besonderheit von Randgruppenwitzen ist es, bestimmte Eigenschaften oder Schwächen der jeweiligen Randgruppe übertrieben im Witz darzustellen. Ein Beispiel dafür sind Ostfriesenwitze oder Blondinenwitze, in denen die Trotteligkeit oder Dummheit dieser angeblichen Randgruppen karikaturhaft überspitzt präsentiert werden. Man lacht sich über die Randgruppe schlapp und setzt sich so innerlich von ihr ab. Damit will der Witzemacher häufig auch von eigenen kleinen Schwächen oder Unzulänglichkeiten ablenken. In Bayern sind daher zum Beispiel Preußenwitze als Randgruppenwitze beliebt. Auch Witze über Menschen am Rande der Gesellschaft wie Obdachlose und Alkoholiker, Ganoven und Gefängnisinsassen sind gerne Zielscheibe von Randgruppenwitzen.

Randgruppenwitze dienen nicht selten dazu, eigene Frustrationen an Menschen mit anderer Gesinnung, anderem Aussehen und anderer Herkunft abzureagieren. Oft soll damit die eigene Unsicherheit oder auch Angst vor dem Fremden und Anderssein abreagiert werden. Daher machen Weiße in Kulturen, in denen sie die Mehrheit stellen, häufig Witze über dunkelhäutige, asiatische oder südländisch aussehende Minderheiten. Von den Minderheiten selber werden solche Witze nicht immer mit Begeisterung aufgenommen und als Beleidigung aufgefasst. Daher sollte man aufpassen, mit solchen Randgruppenwitzen nicht zu penetrant in der Öffentlichkeit hausieren zu gehen. Umgekehrt werden in Gesellschaften, in denen Weiße die Minderheit stellen, auch Witze über Weiße gemacht. Eigentlich ist es überall auf der Welt und war es zu allen Zeiten so, dass die Mehrheit sich gerne auf Kosten der Minderheit amüsiert. Das Lächerlich machen von vermeintlich Schwächeren, um die ebenso vermeintliche eigene Stärke zu demonstrieren, scheint offenbar in der Natur des Menschen zu liegen. Solange die Witze harmlos sind und mit liebenswertem Humor gewürzt sind, ist dagegen nichts einzuwenden. Problematisch wird es erst, wenn solche Randgruppenwitze bösartig werden und zu Ausländerfeindlichkeit und anderen Attacken gegen Minderheiten aufrufen. Solche Witze haben mit Humor nichts mehr zu tun und stellen dem Witzemacher ein Armutszeugnis aus. Sie sind daher in jedem Fall zu vermeiden.

Neben der Hautfarbe und der Religionszugehörigkeit ist die sexuelle Orientierung von Minderheiten regelmäßig Zielscheibe des Spotts in Randgruppenwitzen. Dabei sind homosexuelle Männer weitaus häufiger Thema solcher Witze als lesbische Frauen. Sich bewusst schwul gebende Männer fallen in der Öffentlichkeit mehr auf, außerdem wird zum Beispiel weibliches oder "tuntiges" Verhalten von Männern bis heute immer noch von der Mehrheitsgesellschaft weniger toleriert als betont männliches Auftreten von Frauen. Schwulenwitze zählen zu den am häufigsten zum Besten gegebenen Randgruppenwitzen überhaupt. Zu den Witzen über Randgruppen gehören zudem Witze über Menschen, die von ihrer äußeren Erscheinung her von der Mehrheit abweichen. Das können Kleinwüchsige ebenso sein wie Menschen mit Behinderung. Auch hier sollte man beim Weitergeben und Erzählen solcher Witze darauf achten, die Grenzen des guten Geschmacks nicht zu überschreiten und den Witz liebenswert und mit einem Augenzwinkern zu verpacken. Im weitesten Sinne zählen auch frauenfeindliche Witze oder männerfeindliche Witze zu den Randgruppenwitzen.

Wie viele Witze dieser Art werden Witze über Schwule und Farbige, Frauen und andere sogenannte Randgruppen häufig am Stammtisch gerissen, wo Männer meinen unter sich und in ihrem "Revier" zu sein. In solchen geschlossenen Runden wird diese Art von Witzen noch am ehesten akzeptiert, ohne anstößig zu wirken. Mit steigendem Alkoholpegel steigt auch die Bereitschaft, einen moralisch grenzwertigen Randgruppenwitz zu erzählen und darüber zu lachen. Daher sind Witze über Schwule und andere Minderheiten auf Herrenabenden ebenso beliebt wie in der Bütt bei Karnevalssitzungen. Umgekehrt geht es unter Frauen, vor allem in Abwesenheit des anderen Geschlechts, bei männerfeindlichen Witzen oft ans Eingemachte. Unter der Hand hat sich bei passender Gelegenheit wohl fast jeder schon einmal einen Randgruppenwitz erzählt.

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