In der Kunst ist es wie mit dem Witzeerzählen: Eigentlich steht man auf die guten Werke - aber die schlechten sind teilweise so schlecht, dass sie schon wieder gut sind. Das erklärt die Beliebtheit schlechter Kunst und schlechter Witze unter besonders mutigen Zeitgenossen. Und schlechte Witze sind beliebt, wie im Jahre 2005 eine Umfrage nach dem schlechtesten aller Witze im renommierten Magazin "Der Spiegel" belegte. Nie erhielt das Polit-Magazin mehr Zuschriften und hatte anschließend die Qual der Wahl aus "gefühlt Millionen von Zusendungen".
Schaut man heute ins Internet, finden sich unter der Suchwortkombination "schlechte Witze" derart viele Portale, dass man staunt. Manche sind allein dem schlechten Witz geweiht, andere dem Witz an sich. Miese Witze lassen sich in allen Witzsparten finden und wie sie entstehen, weiß niemand. Nur ihren Effekt kennt man genau: Das Publikum stöhnt auf oder ist ratlos, weil es den Witz nicht versteht. Nichts ist für einen Witze-Erzähler fataler als peinliche Stille. Daraus hat das gemeine Volk die Formel "Das ist wohl ein schlechter Witz!" abgeleitet, die man immer dann anwendet, wenn man sich veräppelt fühlt und hofft, dass man nicht richtig gehört hat. In der Witzkultur, so es denn eine ist, hat der schlechte Witz die Nullpunktmentalität verkörpert. Wird einer erzählt, sinkt die Stimmung automatisch auf Null. Entweder zündet der Witz bei niemandem und der erhoffte Lacher bleibt aus. Oder aber der Witz kommt nicht als Witz an, sondern als Diskriminierung oder Rassismus oder niveauloses Kloakengeschwätz. Nachdem die Onlineversion des "Spiegel" damals die schlechtesten Witze tausender Zuschauer ermittelt hatte, ermittelte es den damaligen Stand schlechter Witze und erstellte eine Hitliste. Heute dürften aber etliche Neuzugänge im Fundus schlechter Witze zu verzeichnen sein, denn miese Witze sterben nicht aus, nur weil das Politmagazin "Der Spiegel" ihnen einen Artikel widmet. Vielleicht sind sie dadurch sogar eher zum Kult geworden.
Was man witzig findet und was nicht, entscheidet vielleicht der Verstand. Intelligente Witze sind nur selten schlecht, dümmliche aber sehr wohl. Schale und abgestandene Witze sind ebenso Kandidaten für die Hitliste wie langweilige, unlogische, geschmacklose, grausige und niveaulose. Was gerade noch als guter Witz durchgehen könnte, ist ein grottenschlechter Witz, der jemanden zum Lachen bringt. Sinkt die Niveauskala aber darunter, wird es ernst: Der Kandidat hat hundert Punkte und ist ein schlechter Witz. Es scheint im Einzelfall eine Geschmacksfrage zu sein, was grottenschlecht ist und was nicht. Für manchen kann es gar nicht dämlich genug sein, weshalb der schlechte Witz in der Erzählkultur durchaus seinen Platz behält. Außerdem: Um einen guten Witz zu erkennen, muss man schlechte unbedingt kennen, sonst hat man ja kein Abgrenzungskriterium. Denn ja: Auch schlechte Witze sind Kulturgut, wie "Der Spiegel" klarstellte. Sie sind weltweit verbreitet und erfreuen sich großer Beliebtheit. Man nennt sie unter Jugendlichen auch Flachwitze und sie scheinen gerne in Serie aufzutreten. Oder anders gesagt: Ein schlechter Witz kommt selten allein, denn einer unter den Zuhörern kennt garantiert einen noch schlechteren. Das tut dann richtig weh - und genau darin liegt die Lust am Erzählen schlechter Witze. Ob jede Zeit ihre Witze hat und sich die Qualität schlechter Witze auch verändern kann, müsste eigentlich mal untersucht werden. Vieles, was 1920 witzig war, ist es 2020 vielleicht nicht mehr.
Im Fasching haben schlechte Witze zuweilen Hochkonjunktur. Kürzlich stand ein Artikel in der Bild-Zeitung, dass es unter Büttenrednern zu einem Eklat gekommen war, weil eine mit Witzen über Türken gespickte Büttenrede als Rassismus ankam. Eine deutsche Zahnärztin hatte sich ein Kopftuch übergezogen und witzelte als "Ayse" über die Integration. Vom Dirndl in der Lieblingsfarbe "Türk-is" bis hin zur Sylvestersendung "Döner for one" ließ sie keinen miesen Kracher aus, den man erfinden kann und erntete dafür nicht den erhofften Beifall von der Presse. Im Saal jedoch tobte der Bär. Ja, wer türkische Babywindeln als "Güllehülle" bezeichnet, greift schon ganz schön tief in die Witzekiste mit den miesen Witzen. Man sprach anschließend seitens der Ausländerverbände von Diskriminierung und "Anstandsverletzung", was auch jene Verfechter deutschen Humors auf den Plan rief, die meinen, im Karneval sei so gut wie alles erlaubt und ein schlechter Karnevalswitz sei Satire. Witze gehen bekanntermaßen immer auf Kosten anderer. Die Frage ist nur, wie weit. Narrenfreiheit endet genau da, wo andere sich verletzt oder angegriffen, vorgeführt oder schlichtweg diskriminiert fühlen. Was den einen lachen lässt, lässt dem anderen das Blut in den Adern gefrieren. Der schmale Grat, auf dem ein Witz balancieren und existieren kann und als guter Witz angesehen wird, bringt so manchen zum Abstürzen. Zudem wird auch vieles, was uns Politiker bescheren, als schlechter Witz verstanden. Humor ist, so sagt man, wenn man trotzdem lacht. Vielleicht erklärt das die Beliebtheit schlechter Witze mehr als alles andere. Was definiert gute Witze und fehlt folglich dem schlechten Witz?
Daraus kann man gewisse Kriterien erarbeiten, die auf einen schlechten Witz schließen lassen. Der kann beispielsweise ellenlang und ermüdend im Inhalt sein, die Pointe schon nach der Hälfte erkennen lassen, schlecht erzählt und dramaturgisch unübersichtlich angelegt sein und dazu reizen, zu gähnen, zu stöhnen, sich verletzt zu fühlen oder zu erbrechen.
Sie: „Du, Schatz, würdest du mit einer anderen schlafen, wenn ich gestorben bin?“ Er: „Dafür musst du nicht extra sterben!“
Je mehr Selbstmörder, desto weniger Selbstmörder.
Keiner ist unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen!
Was machen zwei Kakerlaken im Bett? Antwort: Sie kacken Laken!
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Und dann war da noch ein Messer ohne Klinge, an dem der Griff fehlte…
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Sagt ein Mann zum anderen: „Ich sehe Schwarz!“ – „Ich weiß!“