Österreicher Witze

Der Grund, aus dem es Österreicher-Witze gibt, ist ein simpler: Diese Landsleute sind anders als wir. Studien zum Thema Ethnozentrismus, Kulturbegegnungen und Nationalcharakter - oder im weitesten Sinne über das Eigene und das Fremde - sind eigentlich ein Thema der Ethnologie. Was diese mit Bierernst zum Gegenstand von Untersuchungen der verschiedensten Art macht, ist im Witz komisch. Der Österreicher oder der Wiener werden hier zum Klischee für den Österreicher oder Wiener schlechthin gemacht. Der Österreicher-Witz beruht auf der Tatsache, dass wir gewisse Dinge über die Österreicher zu wissen meinen. Sie mögen im Groben der Wahrheit nahe kommen, leben aber davon, dass sie diese zur Grundlage von Witzeleien, Uminterpretationen und falschen Behauptungen machen.


Österreicher Witze

„Ösis“ sind nicht besonders klug

Thematisiert werden im Witz über den Österreicher logischerweise sprachliche Eigenheiten oder Mentalitäten. Vor allem aber kommt es immer gut, wenn man im Witz die Unterlegenheit und Dummheit des anderen thematisiert, um die eigene Überlegenheit und Klugheit herauszustreichen. Normalerweise benötigt man zum Bohren eines Loches eine Bohrspitze, die der gewünschten Lochgröße entspricht. Der Österreicher kauft im Witz aber einenFünfer- und eine Dreier-Bohrspitze für ein Achterloch. Richtig witzig wird dieser Österreicherwitz aber erst, wenn der Verkäufer beratend interveniert und vorschlägt: “Nehmen’s doch zwa vierer, na brauchen’s net umspannen…” Man hört förmlich das langsame Denken und die Blockiertheit im Hirn. Und genau das ist auch beabsichtigt. Österreicher gelten als lakonische und melancholische Menschen mit langer Leitung. Sie selbst sehen das natürlich ganz anders. Darum können sie auch über Österreicher-Witze nicht wirklich lachen. Über Witze, die von Menschen anderer Nationen handeln, lachen sie aber sehr wohl. Bezüglich jeder Nation gibt es politische Witze und solche, die einfach einen Bürger dieses Landes benötigen, um bestimmte Behauptungen über dieselben aufzustellen. In diese Sinne sind manche Nationalitätenwitze austauschbar, sofern die Hauptdarsteller ähnliche Charaktereigenschaften haben. Die meisten Österreicherwitze sind aber typisch und können bestenfalls mit den Ungarnwitzen auf einer Linie stehen.

Zwischen Klischeebildung und Pointe

Der Österreicher taucht im Witz gerne neben zwei anderen klischeebeladenen Typen auf, die beispielsweise aus Deutschland und der Schweiz stammen können. Dieser Kulturvergleich fällt immer zu Gunsten der Nation aus, die sich als überlegene darstellt. Wird der Witz also von Deutschen erzählt, sehen Schweizer und Österreicher schlecht aus. Um dieses Prinzip des Witzes richtig witzig zu machen, bedeutet die witzelnde Beschreibung jeder Nationalität einen Steigerungsgrad an Blödheit oder Absurdität. Der Deutsche ist also dumm, der Österreicher noch dümmer - und der Schweizer übertrumpft beide. Die Übersteigerung ins Groteske ist eine typische Erzählform des Witzes. Er stellt in so einem Vergleich aber auch eine Distanzierung vom Fremdem und Anderen dar. In vielen Fällen bräuchte es aber gar keinen Österreicher, um einen Witz abzufackeln. Im Grunde sind die Handelnden austauschbar und man könnte den Witz auch auf jede andere Nation übertragen. Wenn beispielsweise jemand mit einem zu hohen Lastwagen im Tunnel stecken bleibt, müssen die Agierenden keineswegs Schweizer und Österreicher sein. Sind sie es aber, meint man, Wissen über diese beiden Nationalitäten zu haben. Das weckt unweigerlich Assoziationen über sie und macht den Witz aus Sicht des Erzählers und der Zuhörer noch witziger. Am besten wirken solche Witze aber in Abwesenheit derer, über die man lacht. In diesem Falle fragt der stecken gebliebene Österreicher den Schweizer, was er tun soll. Der schlägt vor, Luft aus den Reifen zu lassen, um den Wagen niedriger zu machen. Das klingt machbar und klug, birgt aber das Risiko, das man anschließend nicht mehr fahren kann. Doch der Österreicher behauptet, das sei eine idiotische Idee. Warum? "Ich bin oben hängen geblieben, nicht unten!”. Es wird klar, dass man diesen Witz auch zwischen einem Polen und einem Deutschen oder zwischen einem Engländer und einem Iren anbringen könnte. Die Pointe wäre immer dieselbe, die Aussage auch. In anderen Witzen aber entsteht eine nicht austauschbare Situation, die typisch für die Österreicher ist.

Dialekt und dadurch bedingte Witzverstärkung

Manchmal ist es der Dialekt, der eine an sich schon witzige Situation noch verstärkt. Man muss den Witz dann aber auch gut erzählen können, sonst geht dieser Effekt verloren. Nichts ist witzloser als ein Österreicherwitz, bei dem der Erzähler mit den Dialekt-Worten ringt und diese womöglich so falsch ausspricht, dass keiner sie versteht. Besser ist es dann, den Österreichwitz auf Hochdeutsch zu erzählen. Gleiches gilt auch für Nationalitätenwitze, in denen einige Sätze auf Englisch oder Niederdeutsch eingebaut sind. Viele Menschen finden schon Dialekte oder Dialektbegriffe an sich komisch. Sie lachen, nur weil im Witz Dialekt gesprochen wird. Dieses Lachen verrät eher Unsicherheit als etwas anderes, erhöht aber den erreichbaren Effekt für den Witzerzähler. Sind „Mundartler“ unter den Zuhörern, entfällt für die natürlich diese Witzkomponente. Schwierig wird es mit Österreicher-Witzen, wenn sie komplett im heimischen Dialekt stattfinden. In Deutschland werden daher in der Regel Witze erzählt,

  • in denen Österreicher die Agierenden sind, aber hochdeutsch sprechen.
  • Alternativ werden einige Sätze - meist die Kernaussagen - in österreichischem Dialekt vorgetragen und der Rest des Witztextes auf Hochdeutsch erzählt.

Inwieweit Umgangssprache und Komik sich gegenseitig beeinflussen, war schon Thema von Symposien und sprachwissenschaftlichen Untersuchungen. So haben wir also heute Kenntnis darüber, dass Mundartforscher das Funktionieren von Dialektwitzen in Süddeutschland anders erleben als in Norddeutschland. Im Süden werden Dialekt und Hochsprache als gleichwertig angesehen, im Norden aber nicht. Das bedeutet, dass im Süden Menschen, die den jeweiligen Dialekt nicht beherrschen, ausgelacht werden - im Norden aber jene, die die Hochsprache nicht ausreichend gut beherrschen, immer wieder Dialektworte einfließen lassen oder in den Dialekt fallen. Nationalitätenwitze sind auch aus diesem Grund interessant.

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