Schwabenwitze

Es wird ihnen ja oft nachgesagt, dass sie brummig seien, was auf Schwäbisch „bruddelig“ heißt, und im Grunde seien sie doch recht humorlos. Natürlich ist es eine hinterlistige Attacke aus dem Badischen, wo doch angeblich die meisten Schwabenwitze gedeihen. Aber das ist ein Irrtum. Die absolut meisten Schwabenwitze sind im „Ländle“ selbst entstanden.


Schwabenwitze

Gôge-Witze

Besonders gilt das für die Gôge-Witze, die im Rest der Republik kaum bekannt sind, aber schon vor hundert Jahren in Buchform erschienen sind. Vermutlich sind sie die Keimzelle für alle schwäbischen Witze. Bei den Gôgen handelt es sich um die Weinbauern rund um Tübingen, die als recht herber Menschenschlag verschrien sind. Einiges von diesen Gôge-Witzen ist denn auch in die typischen Schwabenwitze mit eingeflossen. Wann immer in einem schwäbischen Witz zum Beispiel Wein, mit Vorliebe Trollinger, auftaucht, dann liegt die Schlussfolgerung sehr nahe, dass er seinen Ursprung in einem Gôge-Witze. Die sprichwörtliche schwäbische Sparsamkeit spielt natürlich auch bei den Gôgen eine große Rolle. Und das hat seinen Grund: Der Tübinger Wein hat den Ruf, doch eher herb zu sein und die Weinberge sind auch nicht so ertragreich, wie anderswo. Deshalb zählten die Tübinger Weinbauern auch nie zu den reichen Winzern, wie etwa im Rheinland oder auch nur hundert Kilometer Neckar aufwärts. Das heißt, die waren zur Sparsamkeit gezwungen und eben jene Sparsamkeit wurde häufig in Gôge-Witzen thematisiert. Wenn diese Art der Witze tatsächlich die Urahnen des Schwabenwitzes sind, dann wird sehr schnell klar, woher die Stereotype des geizigen Schwaben kommt

Typisch schwäbisch

Der typisch schwäbische Witz beinhaltet als aller erstes stets den geizigen Schwaben, der häufig so in seinem Geiz gefangen ist, dass ihn seine „Knickrigkeit“ am Ende teuer zu stehen kommt. Dann gibt es natürlich den „Häusle bauenden“ Schwaben, wobei das „Häusle“ eher eine Chiffre für seine Emisgkeit ist. Der schwäbische Fleiß wird in diesem Bild gerne karikiert, als etwas wenig Zielgerichtetes, ja etwas leicht Tumbes. Dann gibt es noch den einfältigen und biederen Schwaben, der für den deutschen Michel hätte Pate stehen können. So etwa kennt der Rest der Republik die Schwaben. In der Tat spielen all diese wahren oder angedichteten schwäbischen Eigenschaften auch in jenen Schwabenwitzen eine Rolle, die aus dem „Ländle“ selbst stammen. Doch es ist erstaunlich, welch vielfältige Typen der Schwabenwitz hervorgebracht hat. Und dafür sind natürlich auch einige Urschwaben verantwortlich.

Thaddäus Troll

Der „Godfather“ des schwäbischen Humors ist natürlich Thaddäus Troll, der mit bürgerlichem Namen Hans Bayer hieß, ein Cannstatter und Weinliebhaber, ein Urschwabe der Gattung Residenzschwabe. Mit seinem Buch „Deutschland deine Schwaben“ schenkte er der humoristischen Literatur eine Gattung, die sich bald über ganz Deutschland ausbreitete und keine Landmannschaft mehr ausließ. Wer etwas über den schwäbischen Humor erfahren will, dem sei dieses Buch empfohlen. Vor allem lernt der Leser sehr schnell, dass es noch eine ganze Reihe verschiedener schwäbischer Typen gibt. Da ist zum Beispiel der „knitze“ Schwabe. Knitz ist nicht so recht ins Hochdeutsche zu übersetzen. Es hat etwas mit listig zu tun, mit einer Prise Frechheit, aber nie wirklich boshaft. Der knitze Schwabe weiß sich immer zu helfen. Er läßt nicht immer alles heraus, bleib stets ein wenig zurückhaltend und überrascht dann mit ungeahnten Lösungen. Er ist natürlich auch der Tüftler, denn das ist ja ebenfalls eine angeblich hervorstechende Eigenschaft der Schwaben: Dass sie begnadete Erfinder seien. Troll beschrieb auch den weltläufigen Schwaben, der trotzdem sehr heimatverbunden ist und sein Gegenstück im „verhockten Schwaben“ findet, der nie aus seinem Kaff hinaus findet. Thaddäus Troll ist ein schier unerschöpflicher Quell schwäbischen Humors, den es ja angeblich gar nicht gibt. Immerhin hat eben jener Schwabe zusammen mit dem unvergessenen und großartigen Kabarettisten Werner Finck nach dem Krieg mit dem „Wespennest“ das erste deutsche Satireblatt nach dem Zweiten Weltkrieg herausgebracht.

Willy Reichert und Oskar Heiler

Dann gibt es da noch ein Vorurteil über die Schwaben, nämlich dass sie doch recht maulfaul seien. Wie bei den meisten Vorurteilen ist auch hier ein Körnchen Wahrheit dabei. Tatsächlich beginnen die meisten der Sketche des Komikerduos „Häberle und Pfleiderer“ mit einer gewissen Sprachlosigkeit. Das völlig sinnfreie "Soso" des einen wird durch das ebenfalls inhaltsleere "Jaja" des anderen beantwortet. Für viele Schwaben ist dieser nahezu dadaistische Dialog nicht nur Kult, sondern auch Ausdruck eines ganz speziellen schwäbischen Humors. Willy Reichert und Oskar Heiler bildeten das Duo, das in den 50er und 60er Jahren in ganz Deutschland das Bild des Schwaben prägen sollte. Willy Reichert gab bei den gespielten Witzen stets den „Pfleiderer“, den Prototypen des „knitzen“ Schwaben, während der behäbige „Häberle“ Oskar Heiler eher dem verhockten und etwas beschränkten Schwaben entspricht. Er will den vornehmen Residenz-Schwaben darstellen, was sich in seinem Versuch äußert, Hochdeutsch zu sprechen. Doch eben das hebt den schwäbischen Zungenschlag nur noch deutlicher hervor. Die beiden haben übrigens ganze schwäbische Komiker-Generationen beeinflusst, bis hin zu den Kabarettisten Christoph Sonntag, Uli Keuler oder Matthias Richling.

Fazit, der Schwabe lacht gerne - nur sollte es ja niemand bemerken. Schwabenwitze gibt’s unendlich viele – und viele sind dann doch ganz anders, als man sich den klassischen Schwabenwitz so vorstellt. Dass sich Schwaben und Badener angeblich spinnefeind seien, ist eine ebenso verbreitete wie falsche Binsenweisheit. Immerhin haben die Schwaben den Badenern zu verdanken, dass die Schwabenwitze deutschlandweit so populär sind. Und traut man den Spruch auf einem Transparent im Freiburger Dreisamstadion während eines Gastspiels des VfB Stuttgart, dann ist es nicht bei deutschlandweit geblieben. Auf dem Transparent wird nämlich die kühne These geäußert, dass über Baden zwar die Sonne lache, über Schwaben aber die ganze Welt.

Sprüche - Das Buch
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